BGE - Ein Gegenargument
Ein Narrativ, welches Teil der BGE-Debatte ist, ist, dass es das BGE ermöglicht, dass jeder seinen Passionen, seinen Idealen und Werten folgen kann, ohne durch das System Kapitalismus gestört zu werden. Die Persönlichkeit kann sich dann frei entfalten. Insgesamt müsse man das vorherrschende System als solches ändern, damit niemand mehr für seine Existenz kämpfen muss.
Ich denke, dem liegt ein folgenschwerer Denk-Fehler zugrunde. Nämlich die Vorstellung, dass Passionen, Ideale und Werte etwas sind, was man einfach so hat, und die man verfolgen kann, sobald das Environment stimmt.
Das stimmt natürlich nicht. Die meisten Leute haben keine Ahnung, was ihre Passionen und Talente und Ideale sind. Vor allem aber: Passionen sind Prozesse, keine Dinge, und dabei Prozesse, die im Schmelztiegel gefunden werden können, wenn das Selbst auf die Probe gestellt und ins Feuer geworfen wird.
Die simple Tatsache ist nämlich diese: Niemand, der nicht in diesem gegenwärtigen System dazu in der Lage ist, seine Passionen z.B. in Geld zu übersetzen, wird es auch nicht mit dem BGE. Das mag sich hart anhören, ist aber die Wahrheit.
Passionen werden auch aus Leidensdruck geformt, wenn die Psyche bereit wird, bestimmte Aspekte des Selbst abzulegen und etwas Tieferes in sich zu finden. Das geschieht meist nicht, in dem man den Leuten Bonbons gibt. Ganz im Gegenteil.
Werte zeigen sich nicht durch Lippenbekenntnisse, sondern, indem man im Angesicht von Widrigkeiten standhaft und stark bleibt. Der Kapitalismus ist so ein widriges System. Es hat gute und schlechte Seiten. Aber es ist immer die Möglichkeit für den Einzelnen zu zeigen, aus welchem Holz er wirklich geschnitzt ist. Ob er wirklich bereit ist, sich für seine Passionen zu entscheiden und diese auszuformen.
Wenn man das System Kapitalismus wirklich verändern will, dann kann man es nicht von außen tun. Man muss es von innen tun, indem man die Entscheidung fällt, nicht in die Knie zu gehen, und das Kreuz trägt, was man sich selbst aufgeladen hat.